Die große Mehrheit aller Schiffe scheint die seit 2015 geltenden Schwefel-Grenzwerte zu beachten. Stichproben konnten allerdings auch etliche Verstöße belegen.
Vorschriften zum Schutz von Umwelt und Gesundheit sind das eine – deren Einhaltung auf hoher See das andere. Wie lässt sich also überprüfen, ob sich die Betreiber von Schiffen tatsächlich an die Regeln halten? Wissenschaftler der Universität Chalmers in Göteborg haben Lösungen entwickelt, die eine relativ gute Überwachung ermöglichen. Kern der Technik sind sogenannte Sniffer. Erste Einsätze ergaben, dass vor allem am westlichen Ende des Ärmelkanals sowie im mittleren Bereich der Ostsee geschummelt wird.
Seit Anfang 2015 zählen die Nord- und Ostsee sowie der Ärmelkanal zu den „Emission Control Areas“. Der Schwefel-Anteil im Treibstoff von Schiffen darf hier maximal 0,1 Prozent betragen. Außerhalb der Sonderzonen liegt der Grenzwert bei 3,5 Prozent, ab 2020 soll er weltweit immerhin auf 0,5 Prozent sinken. Das Problem: Die Abgase der Schiffe gelangen durch den Wind auch in bewohnte Gebiete an Land. Schätzungen zufolge waren vor 2015 allein in Europa jedes Jahr etwa 50.000 vorzeitige Todesfälle auf die Schwefel-Emissionen der Schifffahrt zurückzuführen.
Im Auftrag der dänischen Umweltbehörden sowie im Rahmen von zwei EU-Projekten haben die Forscher der Chalmers-Universität mit zwei Methoden die aus den Schornsteinen der Schiffe wehenden Rauchfahnen untersucht. Zum einen installierten sie ihre Sniffer an den Brücken über den Großen Belt (siehe Foto) über den Öresund sowie über die Einfahrt zum Hafen von Göteborg. Zum anderen ließen sie Kleinflugzeuge mit entsprechenden Messgeräten an Bord über wichtige Schifffahrtsrouten fliegen.
Nach Angaben des Projektleiters Johan Mellqvist konnten die Messungen zeigen, dass es einige wenige Reedereien sind, die immer wieder gegen die Schwefel-Richtlinien verstoßen. Auffällig sei zudem, dass vor allem solche Schiffe, die nur selten in den Bereich von Nord- und Ostsee kämen, besonders schmutzigen Treibstoff nutzten. Darüber hinaus würden die Besatzungen eher dann schummeln, wenn sie sich auf dem Weg hinaus aus den „Emission Control Areas“ befänden – und somit eine Kontrolle im nächsten Hafen weniger wahrscheinlich sei.
„Meist haben die Schiffe sowohl schwefelarmen Treibstoff als auch günstigeren Treibstoff mit höherem Schwefel-Anteil an Bord“, sagt Mellquist. Wenn sie jeweils kurz vor den bekannten Messstationen umschalten würden, wären sie durch diese nicht zu erwischen. „Die Überwachung aus der Luft ist deswegen effektiver. Sie zeigt, wie viel die Schiffe tatsächlich ausstoßen, wenn sie auf hoher See sind und nicht wissen, dass sie überprüft werden.“
Im konkreten Untersuchungszeitraum hätten die Sniffer bei 13 Prozent aller Schiffe im westlichen Ärmelkanal und bei 12 Prozent aller Schiffe in der zentralen Ostsee Verstöße festgestellt, hieß es in einer Pressemitteilung. Im Bereich der dänischen Gewässer lag der Anteil bei Stichproben mithilfe von Flugzeugen demnach bei 6 bis 8 Prozent – bei den Messungen von den Brücken hingegen nur zwischen 2 und 5 Prozent.
„Für Reedereien gibt es einen erheblichen finanziellen Anreiz, auch weiterhin den verbotenen Treibstoff mit hohem Schwefel-Anteil zu nutzen“, sagt Mellquist. Auf einer einzigen Fahrt von Großbritannien nach Sankt Petersburg und zurück könnten sie auf diese Art etwa 100.000 Euro sparen. Eine bessere Überwachung per Sniffer ermögliche es den Behörden, in den Häfen viel gezielter zu kontrollieren – und direkte Kontrollen an Bord seien die Voraussetzung für rechtliche Schritte.